PROJEKTERGEBNISSE
WAS WIR GEMACHT HABEN
Förderzeitraum: 01.04.2019 - 31.03.2024
Projektmaterialien
- Schulungscurriculum
- Wegweiser in 12 Sprachen
- Ausfüllhilfe
- Handreichung
Mediato:innenschulungen: 6 (jeweils 3 pro Standort)
Informationsveranstaltungen: 302 Informationsveranstaltungen mit etwa 3000 Teilnehmende
Antragscoaching: 50
Fachkräftefortbildungen an beiden Standorten: 7 insgesamt 106 Teilnehmenden
Was wir erfahren haben
Teilnehmende
In unserem Projekt haben wir hautnah erfahren, wie vielschichtig die Zugangsbarrieren zur medizinischen Rehabilitation für migrantische Familien tatsächlich sind. Nicht wenige Teilnehmende haben bei den vielsprachigen Infoveranstaltungen zum ersten Mal gehört, dass es diese besondere Gesundheitsleistung überhaupt gibt. Daneben war den Teilnehmenden teilweise auch nicht bewusst, bei welchen Erkrankungen eine medizinische Rehabilitation in Frage kommt. Dazu zählen Adipositas und Sprachentwicklungsstörungen und ganz besonders auch psychische Erkrankungen, wie zum Beispiel Depressionen, bei Kindern und Jugendlichen. Entsprechend war es teils schwieriger als in anderen MiMi-Projekten zu allgemeinen Gesundheitsthemen, Teilnehmende, die nicht unmittelbar betroffen waren oder glaubten es nicht zu sein, für die Infoveranstaltungen zu gewinnen. Dabei stellte sich für einige der Teilnehmenden im Laufe einer Infoveranstaltung heraus, dass es in ihren Familien durchaus ein Kind mit Reha-Bedarf gab.
Antragscoaching
Obgleich der Umgang mit den Antragsformularen für eine medizinische Reha in den Schulungen ausführlich behandelt und trainiert wurde, hatten einige Mediator:innen Scheu davor, möglicherweise Fehler zu begehen. Deshalb haben wir für alle, die sich noch unsicher fühlten, zusätzliche Schulungseinheiten angeboten. In den wenigsten Fällen war das Antragscoaching von betroffenen Familien, die einen Reha-Antrag für ein Kind stellen wollten, mit einem einmaligen Treffen abgeschlossen. Die individuelle Unterstützung bei der Antragstellung zog sich in den meisten Fällen über einige Wochen, manchmal auch Monate hin. Überraschend oft war in den Familien, die wir unterstützt haben, eine Diagnostik noch gar nicht in Angriff genommen oder abgeschlossen worden.
Zugangsbarrieren
Prekäre Lebensverhältnisse, die die Behandlung eines Kindes in den Hintergrund rücken lassen, die Angst davor, dass der Arbeitgeber auf die Bitte um Freistellung zur Begleitung eines Kindes in die Reha negativ reagiert, eine enge finanzielle Situation, die Familien nicht erlaubt, den Verdienstausfall bei Begleitung eines Kindes erst nach abgeschlossenem Reha-Aufenthalt ausgezahlt zu bekommen: einige Familien haben trotz intensiver Begleitung aus sehr unterschiedlichen Gründen schließlich doch keinen Reha-Antrag gestellt. Auch schwer fassbare, diffuse Berührungsängste haben dabei immer wieder eine Rolle gespielt.
Nicht zuletzt haben wir festgestellt, dass die medizinischen Rehabilitation als Option im Arbeitsalltag von vielen Fachkräften, die in der Familienarbeit tätig sind, nicht selbstverständlich präsent ist. Wir haben auch erfahren, wie eng getaktet der Praxisalltag von Kinder- und Jugendärzt:innen ist und wie überlastet die Praxen sind; ausführliche Gespräche mit betroffenen Eltern und Jugendlichen über die Möglichkeiten einer Reha konnten selten stattfinden, gelegentlich mussten Familien auf die Ausstellung eines Befundberichtes länger warten.
Was wir gelernt haben
Es braucht interkulturelle Öffnung
Viele Familien in unterschiedlichen Lebenslagen und mit unterschiedlichen Biographien wünschen sich Informationen zur medizinischen Rehabilitation, aber nicht immer sind diese in der passenden Sprache verfügbar. Viele der Teilnehmenden lebten erst seit wenigen Jahren in Deutschland und waren daher weder mit der Sprache noch den bürokratischen Prozessen umfänglich vertraut. In so einer Situation, dazu mit einem chronisch erkrankten Kind, kann sich ein deutschsprachiges Antragsformular wie eine unüberwindbare Hürde anfühlen. Insbesondere, wenn es niemanden gibt, bei dem in einer vertrauten Sprache nachgefragt werden kann. Diese Lücke konnte das Projekt für einige Familie temporär schließen, aber es braucht ein stetiges Unterstützungsangebot, das für Familien niedrigschwellig zugänglich ist, und in schwierigen Lebenslagen Optionen aufzeigt.